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Fahrradbrücke

Wie man eine Brücke verhindert !

Im November 2020 hat die GfR in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Rüdesheim den Antrag

gestellt die Möglichkeiten für eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke nach Bingen zu prüfen.

Diesem Antrag wurde mehrheitlich zugestimmt und somit wurde er zu einem rechtsgültigen Auftrag

über den Bürgermeister und den Magistrat an die Stadtverwaltung.

Alle Detailaufträge in diesem Beschluss wurden trotz mehrfacher Erinnerung nie umgesetzt !

Den Kommunalpolitikern in Rüdesheim ist das egal !

 

 

Die Begeisterung der Bürgermeister:

Echt oder nur für die Presse?

Begeisterung der Bürgermeister

Im Juni geht es los!

Rad- und Fußgängerbrücke zwischen Rüdesheim und  Bingen

Pressekonferenz am 7. Mai 2022 in Bingen

 

„Großer Bahnhof“ am Samstag, dem 7. Mai, in der Binger Vinothek. Michael Choquet hatte zum Pressegespräch geladen. Neben den Vertretern der Presse waren Oberbürgermeister Feser und Bürgermeister Mönch von Bingen, sowie Bürgermeister Zapp und Hauptamtsleiter Schäfer von Rüdesheim dabei. Weiterhin nahmen Vertreter verschiedener Parteien und der Architekt Hans-Martin Renn von der Agentur „Renn-Architekten“ aus dem Allgäu teil.

Man war sich einig: Die Rad- und Fußgängerbrücke wird einhellig unterstützt. Hierbei betonte man auch noch einmal deutlich, dass dieses Projekt in keiner Weise als Konkurrenz oder Ersatz zu einer Autobrücke steht. Kosten und Naturschutz lassen keinen Vergleich zu. 

Herr Stefan Schweitzer von der Initiativgruppe legte im Detail dar, welche Chance gerade jetzt eine solche Brücke für Tourismus und Infrastruktur besitzt. Naturschutzgebiete können ausgespart und Kosten bis 80% gefördert werden. Auf die Frage aus der Runde, wie man den Bau einer solche Brücke sehe, antwortete Hans -Martin Renn, dessen Agentur weltweit Großprojekte umgesetzt hat: „Kein Problem!“. Er hob hervor, dass eine solche Verbindung über den Rhein wie ähnliche Brücken weltweit durch eine entsprechende Gestaltung zu einem zentralen Landschaftsobjekt werden kann. Gleichzeitig hob er aufgrund seiner weltweiten Projekte hervor, dass Deutschland ständig steigend die meisten bürokratischen Hürden aufbaue. Hier muss einfach mit viel Power ans Werk gegangen werden.

Konkret wird die Planung Anfang Juni. Oberbürgermeister Feser von Bingen startet dann mit den notwendigen Terminen und Arbeitsgruppen für die Machbarkeitsstudie, die von beiden Parlamenten beiderseits des Rheins bereits vor Wochen mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Hier wurden auch die finanziellen Mittel genehmigt. 

 

Bild (von links nach rechts):

- Bürgermeister Urich Mönch (Bingen)

- Stefan Schweitzer (Initiative Rad und Fußgängerbrücke)

- Bürgermeister Klaus Zapp (Rüdesheim)

- Oberbürgermeister Thomas Feser (Bingen)

- Michael Choquet (Vinothek Bingen)

- Hans-Martin Renn (Architekten Renn, Allgäu)

 

Brücke

WELT+ 04.01.2024 

Die Unmöglichkeit, in Deutschland eine Brücke zu bauen

Von Jan Alexander Casper 

Fahrradbrücke statt Diesel-Fähre – das klingt zeitgemäß: In Bingen reifte auf Bürgerwunsch die Idee, wieder eine Brücke zwischen den Ufern im Mittelrheintal zu bauen. Doch nach mehreren Jahren scheitert alles – am Naturschutz. 

Was bleibt, ist ein Lehrstück über deutsche Unfähigkeit, sinnvolle Projekte umzusetzen. 

Am Anfang stand ein Bürger mit einer Vision. Der Bürger: Stefan Schweitzer, Vater, Radfahrer, Unternehmer. Die Vision: eine Brücke über den Rhein zwischen Bingen in Rheinland-Pfalz und Rüdesheim in Hessen. Eine Rad- und Fußgängerbrücke sollte es sein, die größte ihrer Art bislang, ein Fanal der Verkehrswende. Schweitzer suchte Mitstreiter. Sie gründeten den „Arbeitskreis Grüne Welle – Rheinquerung – Hildegardsteg“, benannt nach der Heiligen Hildegard von Bingen. Nun waren es viele Bürger mit einer Vision, sie sammelten Unterschriften, erst stimmte der Rüdesheimer und dann der Binger Stadtrat für ihre Idee, sogar Ministerpräsidenten signalisierten Unterstützung. 

Das war 2020, der Moment laut Schweitzer perfekt: „Es war der Anfang der Corona- Pandemie, E-Bikes ausverkauft, es herrschte ein regelrechter Fahrradboom im Lockdown“, dazu die näher rückende Bundesgartenschau 2029 im Mittelrheintal. Die Brücke könnte den Tourismus ankurbeln, Pendlern nützen. Und sie würde endlich die im Mittelrheintal seit dem Zweiten Weltkrieg getrennten Rheinufer verbinden. Auf 80 Flusskilometern zwischen Koblenz und Mainz gibt es keine Brücke, dort liegen auch Bingen und Rüdesheim. 1945 sprengte die Wehrmacht auf der Flucht vor den Alliierten eine Eisenbahnbrücke, die beide Städte seit 1915 verbunden hatte. Seitdem quert nur noch eine Autofähre dort den Rhein, das dauert an einem Schlechtwettertag ohne Touristen bis zu 30 Minuten, wenn man die Fähre gerade verpasst hat. Fußgänger zahlen 2,50, Radfahrer 3,30 und Pkw fünf Euro; eine Jahreskarte für Pkw kostet 810 Euro. Im Sommer fährt die Fähre bis 24 Uhr, im Winter bis 22 Uhr. Eine Kfz-Brücke im Raum Bingen/Rüdesheim wollen deshalb seit Jahrzehnten fast alle in der Region – außer Grünen und Naturschutzorganisationen. Letztere wissen das Recht auf ihrer Seite, zwei Gutachten von 2005 und 2021 kommen zu dem Ergebnis: Wegen des Naturschutzes sei eine Kfz-Brücke unmöglich. Weite Teile des Flusses gehören zum sogenannten Natura-2000- Netzwerk, dort leben gefährdete Arten wie die Bachmuschel oder der Wendehals, eine Spechtart. Wer noch mitredet: zwei Kommunen, Landkreise und Bundesländer beidseits des Rheins, dazu der Bund, weil der Rhein Bundeswasserstraße ist, und die Unesco. Bingen und Rüdesheim liegen am Ostende des Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal. In diesem Geflecht verendete bislang noch fast jeder Brückenplan. 

Wer etwas nicht tun oder bezahlen will in diesem Bürokratie-Bermudadreieck, findet leicht eine Instanz, die an seiner statt verantwortlich wäre oder deretwegen ein Bauvorhaben nicht möglich sein soll. 

…  Stefan Schweitzers Vision, so schien es 2020, könnte diesen Knoten durchschlagen: Eine Radbrücke wäre deutlich günstiger als eine Kfz-Brücke und auch sicherlich bautechnisch und ästhetisch leichter mit Unesco- wie Vogelschutz-Konzepten kompatibel, vielleicht sogar: einigermaßen schnell umzusetzen. 

Entsprechend viele Brücken-Bekenntnisse gab es – anfangs: Die Radbrücke „passt einfach in die Zeit“, sagte zum Beispiel die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) 2020 bei einem Wahlkampfauftritt. Ebenfalls 2020 nannte der damalige hessische Regierungschef Volker Bouffier (CDU) die Radbrücke in einem Brief an Bingens Oberbürgermeister Thomas Feser (CDU) „grundsätzlich begrüßenswert“. Und: Bouffier stellte in Aussicht, dass bis zu 70 Prozent der Planungs- und Baukosten der Brücke „voraussichtlich“ durch hessische und Bundesförderprogramme abgedeckt werden könnten. Die Kosten einer etwa 700 Meter langen österreichisch-slowakischen Radbrücke, die Stefan Schweitzer gerne zum Vergleich bemüht, lagen 2012 laut Medienberichten bei etwa fünf Millionen Euro, 85 Prozent der Kosten trug die EU. Diese Geschichte aber spielt in Deutschland. 

Vier Jahre später, Anfang 2024, gibt es immer noch keine Brücke, die Planung ist eingestellt. Vorboten der Entscheidung standen bereits im Bouffier-Brief. Trotz aller Förderung – die übrigbleibenden Baukosten sollten laut Bouffier die Kommunen tragen. „Nicht unwahrscheinlich“ sei es zudem, dass die Radbrücke Naturschutz- Anforderungen nicht genügen werde. Und so kam es dann scheinbar auch: Im Dezember 2023 antworteten die Bürgermeister Bingens und Rüdesheims auf WELT-Anfrage, Prüfungen hätten ergeben, dass das Projekt aus „Naturschutzgründen“ nicht umsetzbar sei, weiteres Geld solle nicht fließen. Den Anfang vom Ende machte der damalige Mainzer Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Herbst 2020. Auf einen Brief des Binger Oberbürgermeisters antwortete er, dass Bingen zunächst einige „Gesichtspunkte“ „klären“ müsse, vor allem beim Thema Naturschutz, bevor er sich weiter mit der Brücke befassen könne. Eine Machbarkeitsstudie musste also her. Bis sie vorlag, vergingen drei Jahre. Dazwischen bremste unter anderem die dem Oberbürgermeister unterstellte Binger Verwaltung, stellte auf Grundlage grober Schätzung Baukosten von „100 Millionen Euro“ in den Raum, warnte vor Belastung des kommunalen Haushalts und erneut vor Kollisionen mit dem Naturschutz. Entgegen der Verwaltungsempfehlung gab der Binger Stadtrat im Sommer 2022 dennoch die Studie in Auftrag, auf FDP-Antrag. Entscheidend: Der Stadtrat beschloss explizit, dass die Studie „einen Brückenstandort westlich des Binger Winterhafens“ untersuchen solle. Der Winterhafen ist eine Art lang gezogene künstliche Bucht mit Schiffsanlegern östlich von Bingen. „Östlich des Winterhafens“ ist die Kollision mit Natura-2000-Vorgaben programmiert, westlich nicht unbedingt. Deswegen sollte spezifisch dort geprüft werden. Die Vereinbarung der Verwaltung mit der Gutachter-Kanzlei aber regelte keinerlei Details zum „Wie“ der Studie. Absicht oder keine: Als die Studie – 30.000 Euro Steuergeld für 21 Seiten – im Sommer 2023 vorlag, war klar, dass die Gutachter sich überwiegend mit der Ostseite des Winterhafens und den Natura-2000-Vorgaben befasst hatte. Das Studienfazit: Es sei „nicht ernsthaft damit zu rechnen, dass sich das Realisierungsinteresse an der Brücke (…) gegenüber dem europäischen Naturschutzrecht durchsetzt“ – der Todesstoß. In einem Bericht der lokalen „Allgemeinen Zeitung“ nach Bekanntwerden des Gutachtens war für die Frage, ob an der richtigen, westlichen Stelle ausreichend geprüft worden sei, der letzte Absatz reserviert. Dort hieß es, SPD-Stadtrat Till Müller-Heidelberg habe sich den „Juristen-Hieb“ „nicht verkneifen können“, wonach die Kanzlei „vorrangig die falsche Brücken-Stelle geprüft hätte“, und gesagt: „Östlich des Winterhafens war allen das Ergebnis klar.“ Drastischer sagte es Stefan Schweitzer in einer Mail an die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat: Das Gutachten sei „wertlos, weil es die Aufgabenstellung des Binger Stadtrats nicht erfüllt“. Die Kanzlei widersprach, im Westen sei geprüft worden, und nur „der Vollständigkeit“ halber habe man sich auch mit der Ostseite befasst. Die Binger Stadtverwaltung, heißt es aus dem Stadtrat, hält das Gutachten ebenfalls für hinreichend, die Luft sei endgültig raus aus der Vision von der Fahrrad-Brücke über den Rhein.

Stefan Schweitzer sitzt sechs Monate später an einem grauen Wintertag auf der Dachterrasse des Hotels „Papa Rhein“, zu dessen Füßen liegt der Binger Fähranleger, gegenüber in Hessen ragt die Germania in den Himmel. Helga Lerch von der Kreis- und Peter Eich von der Binger FDP sitzen neben Schweitzer, im Gegensatz zum Ex-Landesminister Wissing haben die kommunalen Liberalen die Idee immer unterstützt. Den Namen „Hildegard-Steg“ haben Bürgerinitiative und Binger FDP gemeinsam entwickelt. 

Helga Lerch sagt: Das Scheitern der Brücke sei symptomatisch für die „Visionslosigkeit in diesem Land“.